Musik in Portugal - Kleines Land mit großem Erbe von Jens Mäder
Wer
das erste Mal nach Portugal kommt und vorher etwas über die Musik
des Landes erfahren will, wird mit großer Wahrscheinlichkeit neben
der inzwischen ja auch in Deutschland gut bekannten Gruppe Madredeus
allenfalls die Namen von Amália
Rodrigues - der Seele des Fado - oder Zeca
Afonso - dem Sänger des Revolutionsliedes "Grândola
Vila Morena" finden. In letzter Zeit ist auch noch Misia
als eine "Erbin" von Amália Rodrigues etwas zu Bekanntheit
gekommen.
Wer also ein Land erwartete, das aufgrund seiner
geografischen Lage und seiner kulturellen Verbindung zu Brasilien und
Afrika mit leichtfüßiger, südlicher Sambamusik - eventuell
mit einem Hauch spanischen Latinogefühl oder einer Prise Flamenco
gewürzt - aufwarten würde, sieht sich erst einmal getäuscht.
Natürlich liegt die Wahrheit wie so oft in der
Mitte: Portugals Musik ist genauso wenig nur Fado
und Weltschmerzgesang, wie sie andererseits nicht auch geprägt ist
von Mittelmeerkultur und südlichen Lebensgefühl.
Man
wird in der traditionellen wie in der modernen Musik Portugals das unwahrscheinlich
breit gefächerte Erbe dieses kleinen Landes wiederfinden können:
das geht von den keltischen Einflüssen und Instrumenten Nordportugals
über maurische und mittelalterlich anmutende Gesänge und andalusische
Melodien des Alentejo und Algarve bis hin zu afrikanischen Rhythmen und
sogar Klängen aus Indien und Fernost.
Das ist oft wahre "World-Music" und doch
Ausdruck portugiesischer Identität.
Es ist überraschend , in welch großer
Bandbreite - sei es im Jazz, im Pop/ Rock, im aktuellen "leichten"
Liedgut - man immer wieder auf Elemente aus traditioneller, ländlicher
Musik trifft.
Deshalb ist der Schwerpunkt dieses Führers
durch Portugals Musikkosmos auch in erster Linie der unverkennbare gemeinsame
kulturelle Hintergrund all dieser Sänger/innen, Bands, Projekte,
Musiker - so verschieden sie auch sein mögen.
Zum einen bin ich von dem ausgegangen, was man zur
Zeit. ohne große Schwierigkeiten in einem portugiesischen Musikgeschäft
oder der Musikabteilung eines Supermarktes finden kann - zum andern gehören
in den Kontext aber auch viele Künstler, die der CD-Händler
in Deutschland nicht wird beschaffen können, da ein Export ins Ausland
gar nicht vorgesehen ist oder finanziell nicht machbar wäre - Künstler,
die es aber durchaus wert sind, hier erwähnt zu werden und von dem
einen oder anderen Urlauber auch hier vor Ort entdeckt zu werden ...
Außerdem tauchen der Vollständigkeit halber
auch Musiker und Bands auf, die einfach nur gute, interessante Musik machen
und auf den ersten Blick (das erste Hören!) gar nicht unbedingt typisch
portugiesische Elemente verwenden, teilweise sogar in englisch singen.
Alle diese (neuen) Musiker verweisen aber immer wieder auf ihre Wurzeln
als Portugiesen und/oder würdigen Kollegen aus früheren Musikergenerationen.
Oft kommt es zu Gastauftritten und zur Zusammenarbeit für bestimmte
Projekte - etwas was ich in dieser Form aus Deutschland nicht so kenne
(oder hat sich das geändert?), dort ist ja kaum traditionelles Liedgut
in modernem Gewand zu finden und wenn dies mal einem in würdiger
Form gelingt, muss er sich schon selbst zum "König von Deutschland"
proklamieren um überhaupt beachtet zu werden! ... aber das ist ein
anderes Thema, wir bleiben jetzt mal in Portugal.
Ich erhebe mit meiner Auswahl und meinen Tips zum Reinhören keinen
Anspruch auf Vollständigkeit, sollte mir das eine oder andere Hörenswerte
entgangen sein, bitte ich gerne um Mitteilung.
Der Fado ist die international bekannteste
musikalische Visitenkarte Portugals und die 1999 verstorbene Sängerin
Amália Rodrigues ist der bekannteste musikalische Star des
Landes. Mehr
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Zeca (José) Afonso ist einer der bekanntesten Vertreter
dieses Genres. Sein Lied "Grândola Vila Morena"
wird im Morgengrauen des 25. April 1974 im Radio gespielt als
Signal für den Putsch gegen das faschistische Regime Salazar.
Mehr
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Rock und Pop hatten erst nach der Nelkenrevolution
1974 in Portugal eine Chance. Heute sind im Ausland am ehesten noch
die Sängerin Maria Joao oder der Sänger und Gitarrist
Rui Veloso bekannt, der überwiegende Teil der einheimischen
Rock- und Popszene hat höchstens mal den Sprung über die
spanische Grenze geschafft. Mehr
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Dem portugiesischen Jazz fehlen die CDs, die das musikalische
Schaffen der einheimischen Szene dokumentieren. So gibt es zwar
eine große Menge an Konzerten und Festivals (Festival do
Jazz Loulé), aber selbst bereits fertig gestellte Alben
werden oft aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln nicht veröffentlicht.
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